Als wir zum ersten Mal vor Jahren mit einem gemieteten Wohnmobil unterwegs waren, erwanderten wir aus dem Fischerdörfchen Cassis aus die Calanques – wunderschön! Diese zwei Tage waren von sehr viel Auf- und Abwandern geprägt und von Michis Ausruf: „Ich hasse Cassis!“ 😂
Die armen Cassisianer – damals kannte ich Siena noch nicht. Dass hätte einiges geändert.
Wir machen uns heute also mit unseren Rädern auf den Weg in die Stadt – 10 Minuten soll es dauern, wir lachen noch immer. Nicht nur, dass es anfangs sehr lange bergab ging, was wir natürlich auch wieder hinauf mussten, schieben wir das Rad den Großteil der Strecke, weil entweder so steil oder weil kein Radweg (eh kloar) oder weil das Fahren auf der Straße ziemlich gefährlich ist. Aber egal, wir sind guter Dinge, immerhin wollen wir die schönste, mittelalterliche Stadt Siena sehen!
Bis wir an der Piazza del Campo sind haben wir einen Muskelkater, einige Schweißausbrüche, ich schon so Hunger, dass Michi es beinahe nicht überlebte und beinahe waren wir fertig mit der Stadt bevor wir noch angekommen waren 🤷🏻♀️
Michi: „Ich glaub, Cassis war gar nicht so schlecht, vielleicht sollten wir doer wieder hin“ 😂 Gegen Siena ist Cassis flach wie Holland.
Als uns dann noch eine Polizistin darauf hinweist, dass wir die Räder hier fix nicht stehenlassen können und ich knapp am Verhungern bin und Michi mir irgendwelche seltsamen Lokale vorschlägt….muss ich weiter erzählen? 😂 Spoileralarm: alle haben überlebt!
Das war nur Glück, normalerweise geht sowas verdammt schief. Aber was soll’s, wieder davongekommen 🤪
Wir schaffen es mit letzter Kraft in ein Restaurant an der Piazza del Campo und ich beschließe, Michi sucht nimma unsere Essensstätten aus – er kann es einfach nicht 🤷🏻♀️ Das einzige Lokal am Platz, dessen Markise so weit hinuntergezogen ist, dass wir die Piazza nicht gut sehen und den Brunnen von hinten 🤦🏻♀️
Wir erholen uns trotzdem und essen und trinken und lesen im Reiseführer was es mit Siena so auf sich hat. Schönste mittelalterliche Stadt. Auseinandersetzungen mit Florenz. Glockenturm 501 Stiegen. Ich überlege hin und her wie ich Michi dazu bringe, da auch noch hinaufzusteigen, aber irgendwer hat Nachsehen mit ihm, der Turm ist wegen Covid gesperrt.
Das war klar. Enge Stiegen und keuchende Menschen. COVID sei Dank war das ein no brainer und ich hatte zu keiner Zeit Angst vor den 501 Stiegen 😂
So stapfen wir weiter zum Dom, der gefällt mir! Wäre die Pest nicht dazwischenkommen, wäre er jz der größte Dom der christlichen Welt – sagt der Reiseführer. Wir müssen zwar ein Ticket lösen, es kostet aber nix, só schauen wir uns die 178 Pabstbüsten an, die die Kuppel stützen. Das Türmchen hat in jedem Stockwerk ein Fenster mehr – seht ihr?
Also ich muss das jetzt loswerden. Das alles wurde auf dem Rücken armer Leute erbaut. Die Schwachen mussten leiden, damit dieser pompöse Bau errichtet werden konnte. Je älter ich werde, desto größer wird mein Ärger auf den Klerus und die Reichen und Adeligen, die sich einen Platz im Himmel erkaufen wollten. Einfache Leute wie ich wurden über Jahrhunderte unterdrückt und ausgebeutet, damit solche Dome entstehen konnten. Doch halt! Hat sich da was geändert? Heute sind nur die Methoden der Ausbeutung subtiler und die Dome heißen Shopping Malls, oder?
Wir landen wieder an der Piazza, weil Kaffee muss es schon noch sein. Doch….es ist ja schon Aperoltime 🍹…doch kein Kaffee 🤷🏻♀️ Wir genießen die Aussicht, versöhnen uns mit Siena und Zufriedenheit kehrt ein.
Der Himmel wird dunkel, wir rechnen damit, dass wir ev. nasswerden beim Heimradeln, aber auch das tut unserem inneren Gleichgewicht keinen Abbruch.
Ganz plötzlich hören wir ein seltsames immer näherkommens Grollen, der Wind weht ganz seltsam, das Geräusch wird immer bedrohlicher. Bevor wir noch recht wissen was passiert, sind wir mitten in einem kleinen Wirbelsturm. Alle flüchten ins Lokal oder an die Hausmauer und wir schauen zu wie Stühle, Gläser und Allerlei herumgewirbelt wird. Wir sind noch ganz verwundert was da gerade passiert und auf einmal ist sie wieder da – die Sonne ☀️.
Auf der Straße liegt überall aufgewirbelter Schmutz, auch unsere Wäsche am Campingplatz hat es nicht auf der Leine gehalten. Wir kommen müde, aber nach einem tollen Abenteuer bei der Hilde an – sie freut sich glaub ich auch, dass wir gut wieder da sind 😊
*Camping Colleverde – 40€/Nacht für 2 Erw. und einem Camper
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