Ich habe gut geschlafen – Sabine etwas weniger gut – sagt zumindest ihre SchlafApp. Es war nicht so kühl wie in Kärnten aber auch nicht heiß. Es ist also – noch – gut zu ertragen.
Ich mache Kaffee, wir sitzen vor der Hilde und überlegen, ob wir nicht einen Tag verlängern… denn jetzt aufbrechen, nach Verona mit dem Bus fahren, auf DEM Balkon Selfies machen, zurück hierher und dann ab nach Frankreich, das war uns dann doch zu viel Stress. Also nehmen wir Sabines Idee, hier noch eine Nacht anzuhängen einstimmig an.
Voll gechillt fahren wir mit dem 90er nach Verona. Unsere Kommunikation beschränkt sich auf: „Schau, kannst du dich erinnern?“ „Ja“ „Schau, ich kann mich gar nicht erinnern, kannst du dich erinnern?“ „Ja, nein, was?“ „Schau mal, die Arena, da haben wir unsere Räder angehängt.“ … ich glaube, ihr habt schon erkannt wie es weiter gegangen ist. Wir gehen durch die Kärntner Straße Veronas und stellen zum wiederholten Male fest, dass das globale Dorf überall ist. Dann einmal rechts um die Ecke und da ist das Haus. DAS HAUS. DAS HAUS MIT DEM BALKON. Eine Traube Menschen blockieren den Eingang und wir stellen uns an.
„Nein, komm, das dauert zu lange“ Ich hätte echt schon aufgegeben, aber Michi befürchtete, dass er dann ein anderes Mal her hätte müssen. Hätte schon sein können 🙈
“Wir gehen da jetzt rein! Egal wie lange das dauert!“
„Aber dann kommen wir halt ein anderes Mal wieder“ Seht ihr, hatte die Idee eh gleich 😂
“Genau. Deshalb stellen wir uns jetzt da an. Auch wenn es Stunden dauert.“
Was wir zu der Zeit noch nicht wussten war, dass diese Schlange nichts war im Vergleich zu der Schlange, die noch auf uns wartete.
Natürlich wollte der Typ am Eingang dann eine Eintrittskarte… nona, die wir natürlich nicht hatten. Er beschrieb uns genervt den Weg, aber wies uns darauf hin, dass wir uns mit den Karten später nicht mehr anstellen müssten. Also 2 Minuten rechts, dann da rein und hoch in eine klimatisierte Halle, wo wir die Tickets kaufen konnten. 12 Euro für zwei Eintrittskarten.
Dann am Markt endlich unter einem Schirm sitzen. Sabine trinkt einen Cappuccino und ich einen Eiskaffee (mit Kaffelikör) Mjamm, wirklich lecker! (*undmansagtdochlecker*)
Dazu Kaiser Wasser..:!?
Wir snacken noch eine aufgewärmte Pizzaschnitte – die tatsächlich knusprig ist und haben die nötigen Vorbereitungen getroffen. Die 34 Grad sind erträglich und wir dackeln zurück zu DEM HAUS MIT DEM BALKON. Am Weg fragt uns eine Amerikanerin, wo denn das Haus sei, von dem alle reden 😂.
Wir steigen die Treppen hinauf. Alles ziemlich kahl hier. Dafür die ultimative Warteschlange in einem Raum mit einer Tür. Die auf DEN BALKON führt. DER BALKON, der in seinem früheren Leben ein Sarkophag war. Das ist echt ein wenig spooky 🤫
25 Minuten und einige Studien über die menschlichen Eigenarten später – unter anderem hat ein junger Mann um die Hand einer jungen Frau angehalten, begleitet von Applaus der ganzen Schlange und Wasser, das aus den Augen der weiblichen Teilnehmerinnen der Schlange trat – wir sind am Balkon.
Wir schauen uns noch zwei weitere Stockwerke mit sehr spartanisch (kommt von: „Sparta!!!“) 🙈 wir erinnern uns mit Schrecken an Sparta und Michis Kriegsgeheule mit unterlegter Faustandiebrustgeste 🙈eingerichteten Zimmern an, sie sagen nichts über das Drama von Romeo und Julia aus.
Angeblich ist das Ganze damals so abgelaufen: Die beiden jungen Leute haben sich verknallt, aber die Eltern waren voll dagegen… Eltern halt … und hatten andere Pläne. Die beiden Jungen voll auf Opposition schließen einen Pakt, dass sie es den Alten schon zeigen. Sie tut so, als ob sie sich umbringen würde. Das macht sie so gut, dass auch der Romeo darauf hereinfällt und sich das Leben nimmt. Er hat natürlich nicht nachgedacht, was ja bei Jungs manchmal vorkommen soll! Julia wird munter, checkt, dass Romeo ganz tot ist und steht voll unter Schock. Das erste was ihr einfällt: dann bringe ich mich jetzt auch um.
So oder ähnlich ist das also gewesen, oder? Der Herr Shakespeare und ein paar Regisseure haben die Geschichte aufgegriffen und als auch noch Disney gefallen an dem Plot gefunden hat, wusste bald die ganze Welt darüber Bescheid.
Doch wie ist es in Wahrheit abgelaufen???
Believe it or not!
Natürlich ist alles längst nicht so spannend.
Julia hat schon einen Tag nachdem sie Romeo getroffen hat eine andere oberflächliche und kurze Liebschaft angefangen. Romeo hat sich daraufhin, beleidigt wie er war, eine böse Infektion bei einer besoffenen Geschichte in einem Wäldchen neben der Stadtmauer eingefangen. Er stirbt daran, weil es keine passenden Medis gegeben hat und sie erzählt überall herum, dass es nicht ihre Schuld sei. Das glaubt ihr aber niemand, niemand will sie mehr anrühren und sie stirbt mit 89 als alte Jungfer in dem Kloster neben der Kirche, wo sie auch begraben ist. Der Familie ist das alles peinlich und sie erfindet – quasi damit sie ihr Gesicht nicht verlieren – diesen romantischen Kitsch. Lange war die Geschichte in Vergessenheit geraten. Das Haus wurde zur Ruine bis ein findiger Museumsdirektor die Geschichte ausgrub und die Stadt Verona das Haus kaufen und wieder herrichten ließ. Heute waren wir der Beweis dafür – das eigentlich dieser Mann ein Genie war!! 12 Euro bezahlt für eine Ausstellung, wo nichts ein Original war.
Fun Fakt:
Wenn man der Frauenstatue im Hof an die rechte Brust greift, bringt das unendliches Liebesglück. Hahaha, das ist so cool, wie der Autokleber: „Brustvergrößerung durch Handauflegen“ auf dem Auto in der Lindenbauergasse…
Wir verlassen das Haus mit dem Balkon, das ein wenig an Zauber verloren hat und tigern durch die Stadt. Es ist heiß, wir fahren mit dem 90er nach Hause, schlafen in unseren bequemen Campingsessel neben der lauten Straße… und träumen von Romeo und Julia 😉
Später essen wir Mozzarella mit Paradeiser, ich gehe abwaschen und jetzt sitze ich da und denke, dass ich offenbar einen kleinen Hitzeschlag abbekommen habe…ich glaub, er geht bald mal schlafen, sonst erzählt er uns noch weitere Märchen! Wo Romeo & Julia doch so tragisch romantisch ist *seufz* – in sämtlichen Ritzen des Hauses sind Briefe an Julia versteckt *seufz*
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